Zum Singen ist niemand zu alt
Kölner Stadt-Anzeiger am 3. November 2015
MÄNNERCHOR VOGELSANG Der neue Leiter Martin Kraft bringt viel Schwung mit
von Susanne Esch
Vogelsang. Gastgeber in schwarzen Anzügen, bauschige Blumenbouquets auf der Bühne und temperamentvolle Klänge aus Lateinamerika als musikalische Untermalung.
Für sein 63. Stiftungsfest hatte der Männerchor Köln-Vogelsang 1952 im Pfarrheim am Pirolweg einen feierlichen Rahmen gewählt und für seine Gästeeine Überraschung parat: der Tenor Pedro de Castro aus Argentinien sang dem Chor und seinen Besuchern ein Ständchen: Melodiöse Tangos wie Mi Buenos Aires querido, zu Deutsch mein geliebtes Buenos Aires, stimmte er mit starker Stimme an und verführte die Menschen im Saal dazu mitzuwippen. Dann hatte er noch einen besonders unterhaltsamen Programmpunkt: die „Langenscheidt-Version“ eines Tangos. So nennt der Sänger die Lieder seiner Heimat, deren Strophen er erst auf Spanisch und dann auf Deutsch singt, wie das wehmütige Liebeslied „Maria“, in der deutschen Version schlicht „Hildegard“.
30 Auftritte im Jahr
Schon der Name der Titelfigur sorgte für Lacher im Publikum. Mit der deutschen Übersetzung schlich sich eine dicke Prise Humor in den sentimentalen Gesang. De Castro spielte sie gekonnt aus. Er könne auch Kölsch, erzählte der Sänger aus Argentinien. An der Kölner Hochschule für Musik und Tanz hat er studiert. Heute lebt er in Essen und ist manchmal mit Martin Kraft, dem neuen Leiter des Männerchores, auf Kölner Bühnen unterwegs. Und der Chorleiter – bekannt für seine Entertainerqualitäten – erzählte mit süffisantem Grinsen die Geschichte des nächsten Tangos: Er handele von Männern in der Fremde, so seine Worte, die auf der Suche nach käuflicher Liebe Nummern ziehen müssten, weil die Nachfrage das Angebot übersteigt.
Natürlich hatte auch der Vogelsanger Männerchor einige Lieder vorbereitet: Nach der deutschen Version der melancholischen Ballade „The Rose“ von Amanda Mc Brown stimmten sie ein flottes Peter-Alexander-Medley an, in das sich Zeilen aus bekannten Liedern des Sängers wie „Die kleine Kneipe“ vermischten – und viele Besucher dazu brachte mitzusingen.
„Unser neuer Chorleiter hat einfach viel neuen Schwung in unser Ensemble gebracht“, lobte der Vorsitzende Peter Gregor. „Ich hatte ihn mir schon immer als Leiter gewünscht. Er ist so schön lebendig.“ Als erstes habe Kraft aber ein Verbot ausgesprochen. „Wir dürfen nicht mehr sagen, dass wir zu alt zum Singen sind“, sagte Gregor und strahlte dabei. Viele der rund 30 Barden stehen schon seit Jahrzehnten auf der Bühne. So wurden Winfried und Egolf Nonnenmacher und Günther Oschmann für ihre vierzigjährige Mitgliedschaft im Ensemble geehrt, Willy Faßbender für 35-jährige Vorstandsarbeit. Gregor erinnerte die Männer daran, wie sie einst überredet wurden mitzusingen, obwohl mancher damals eigentlich noch lieber Fußball spielte – und an die Polonäse im Reisebus bei der ersten Tour nach England.
Mit den gemeinsamen Erlebnissen ist noch lange nicht Schluss: 30 Aufritte stehen alljährlich im Kalender. Karneval ist schon für 2017 geplant. Neue Mitglieder sind jederzeit willkommen.